Einst habe ich einen Chef über zwei Mitarbeiterinnen folgendes sagen hören: „Die eine kommt aus einer erstklassigen Kinderstube, und die andere weiß intuitiv, was das Richtige ist.“

Dieser Chef hat damit nicht den Umgang mit der Hummerschere beim Business Dinner gemeint, sondern sprach vom persönlichen Auftreten der beiden Frauen, von ihrem Umgang mit Vorgesetzten, Kolleg:innen und Kundschaft. Er hat damit auf den Punkt gebracht, dass gutes Benehmen nicht nur eine Frage bürgerlicher Erziehung ist, sondern sich durch Haltung und Persönlichkeitsbildung ausdrückt.

Die Wirkung von Kaugummi

Kürzlich habe ich bei einer Mieterversammlung eines Wohnhauses eine bemerkenswerte Szene erlebt.

Mehrere Dutzend Bewohner:innen waren im Saal. Es standen konfliktäre Themen auf der Tagesordnung, es wurde heftig diskutiert, und die Stimmung war dementsprechend aufgeheizt. Der Techniker der Hausverwaltung beantwortete zwei Stunden lang fachkundig alle Fragen. Sein Ton blieb auch angesichts aggressiver Bemerkungen des einen oder anderen Mieters ruhig und wertschätzend.

Angesichts seines unaufgeregten Auftritts beruhigte sich die Lage nach etwa drei Stunden. Als seitens des Publikums die letzten Fragen formuliert wurden, warf sich der Techniker, der enorm unter Strom gestanden war, erleichtert einen Kaugummi in den Mund und wollte die Veranstaltung freundlich zu Ende führen. Daraufhin passierte Seltsames: Ich konnte geradezu körperlich wahrnehmen, wie in Sekundenschnelle der Aggressionspegel im Publikum wieder anschwoll.

Der Kaugummi-kauende junge Mann in Jeans und Lederjacke wirkte auf die Anwesenden nicht mehr wie eine kompetente Fachkraft, sondern plötzlich provokant wie ein Halbstarker, und die Ressentiments, die sie gegen die Hausverwaltung hatten, kamen sogleich wieder hoch.

Gutes Benehmen in jeder Situation

Nicht jeden Tag gerät man in eine solche Situation, aus der man zweierlei herauslesen kann: (1) Man sollte stets höflich bleiben – und Kaugummikauen gehört zweifellos nicht dazu. (2) Nicht nur Worte beeinflussen die Stimmung, sondern auch Gesten, Outfit und die innere Haltung, die jemand seiner Umgebung gegenüber an den Tag legt.

Höflichkeit und gutes Benehmen

Dass Höflichkeit und gutes Benehmen im Berufsleben in jeder Branche bedeutsam sind, sollte eigentlich keiner Erwähnung bedürfen. Ein Mensch, dem höflich begegnet wird, fühlt sich aufgewertet, und diejenigen, die höflich sind, werten sich mit ihrer eigenen Höflichkeit selber auf. Eine bessere Basis für den Kundenverkehr ist kaum denkbar – zumal sie auch gar nichts kostet.

Ein „Bitte“ oder „danke“ kann nie zu viel sein, und seine Anliegen kann man mit Bestimmtheit und Nachdruck, aber dennoch höflich vertreten.

Es geht um die Haltung

Die Umgangsformen hängen ein bisschen von der Branche ab, in der man tätig ist. Auf einer Baustelle herrscht für gewöhnlich ein rauerer Ton als im Vorstandsbüro. (Von den Rüpeln in den Vorstandsetagen, die es leider auch gibt, sehen wir hier einmal ab.) Doch auch der Bauarbeiter und seine Kollegen werden es schätzen, wenn man ein „Bitte“ an eine Aufforderung anhängt.

Eine respektvolle Haltung den anderen Menschen kann man durch vielerlei kleine Worte und Gesten vermitteln. Sie drückt sich nicht unbedingt nur in angelernten höflichen Floskeln aus. Der Kellner einer englischen Hotelbar, der einen Obdachlosen mit den Worten „What can I do for you, sir?“ unsanft aus dem Lokal bugsierte, erregte in mir mehr Empörung als es das ehrliche „Schleich di“ eines Wiener Kollegen getan hätte.

Haltung und Ausdrucksformen sollten so gut wie möglich übereinstimmen, denn Dissonanzen werden nicht nur in krassen Fällen wie dem eben zitierten bemerkt.

Was absolut nicht geht

Dass man

  • nicht flucht,
  • keine Schimpfwörter verwendet,
  • sich nicht – womöglich vor Kundschaft – abfällig über Vorgesetzte oder Kolleg:innen äußert,
  • in Meetings nicht laut und beleidigend wird,
  • nie mit einer Alkoholfahne in keine Sitzung geht,
  • nie in Sitzungen oder Veranstaltungen Kaugummi kaut (siehe oben)
  • nicht die am Sitzungstisch stehenden Keksteller leer (fr)isst wie ein halb verhungerter Hamster
  • nicht mit vollem Mund spricht,
  • nicht an Elektrozigaretten herumnagt (was sich anhört wie das Klappern eines locker sitzenden künstlichen Gebisses)
  • sich bei Firmenveranstaltungen nicht besäuft, bis man nicht mehr weiß, was man tut,

sollte sich von selbst verstehen, doch leider ist es mitnichten so. Jede einzelne dieser fragwürdigen Verhaltensweisen habe ich während der vergangenen paar Wochen beobachten können.

Non-verbale Kommunikation

Wichtig ist auch die subtilere nonverbale Kommunikation, denn auch wenn man bestimmte Signale nur unbewusst wahrnimmt, lösen sich dennoch Gefühle aus – entweder freundliche oder aber abweisende.

Ein Beispiel ist die Art des Händedrucks, die, sicher nicht nur für mich, Bände spricht. Ist der Händedruck schlaff, wird mir nur die halbe Hand geboten, oder werden nur meine Finger gedrückt statt der ganzen Hand, so hat derjenige, der dies tut, von vornherein schlechtere Karten als jemand mit einem festen Händedruck. Ähnlich ist es mit dem Augenkontakt. Bleibt er während des Händeschüttelns bestehen, dann ist es gut. Wandert der Blick, während meine Hand noch gehalten wird, bereits zum nächsten in der Reihe, oder schweift auf der Suche nach „interessanteren“ Leuten durch den Raum, dann drückt dies Geringschätzung aus.  

Was tun, wenn sich Mitarbeiter:innen schlecht benehmen?

Ich habe unseren Techniker auf meine Beobachtung bei der Mieterversammlung angesprochen. Ihm war nicht klar gewesen, warum die Stimmung plötzlich kippte, doch er hielt meinen Hinweis für plausibel und wird bei ähnlicher Gelegenheit wohl nie wieder einen Kaugummi in den Mund nehmen.

Generell muss man als Vorgesetzte/r problematisches Verhalten eines Mitarbeiters im Sinne des Unternehmens ansprechen und problematische Verhaltensweisen korrigieren. Es empfiehlt sich, dies so höflich wie möglich zu tun, damit die betroffenen Mitarbeiter:innen die Kritik annehmen können, und damit es nicht zu einem stillschweigenden „Jetzt erst recht-Effekt kommt“. Mitarbeiter:innen, die man darin unterstützen möchte, ihr persönliches Auftreten zu verbessern, sollte man den Besuch einschlägiger Seminare zu ermöglichen.

Business-Etikette

Hat man eine höhere Führungsposition im Visier, ist es ratsam, sich neben der Beachtung von Benimmregeln im Alltag auch mit der höheren Schule der Business-Etikette vertraut machen. Die Auseinandersetzung mit kultivierten Gepflogenheiten ist insbesondere jenen anzuraten, die in Kreisen aufgewachsen sind, wo das mehrteilige Silberbesteck und die Galerie unterschiedlicher Trinkgläser nicht jeden Tag am Tisch waren. Die wichtigsten Regeln, etwa für Business-Diners, kann man lernen, und hat man sie einmal intus, kann man sich bei Geschäftsessen und sonstigen gesellschaftlichen Veranstaltungen auf sicherem Terrain fühlen und dort eine gute Figur abgeben.

Es gibt zu diesen Themen viele gute Ratgeber, in denen es sich lohnt zu schmökern, sowie ein umfangreiches Angebot an professionellen Weiterbildungsseminaren, deren Studium bzw. Besuch sich insbesondere für aufstiegsorientierte Mitarbeiter:innen jedenfalls lohnt.

Die nächsten Beiträge:

Im folgenden Eintrag werden wir einen Blick auf Stilfragen des Unternehmens werfen. Mit Fragen des Dress-Codes werden wir uns im übernächsten Eintrag befassen.