Vor kurzem bat mich eine junge, außerordentlich tüchtige und gescheite Kollegin, mit ihr die Vorbereitung einer Präsentation durchzusehen. Ihr stand ein wichtiger Auftritt bevor. Das Auditorium war mit hochkarätigen Vertreter:innen ihrer Branche besetzt. Der jungen Kollegin eröffnete sich die Chance für ihren beruflichen „Durchbruch“.

Wir setzten uns in ein Kaffeehaus. Wie vermutet hatte sie umfangreiche Vortragsunterlagen bei sich. Ihr gesamtes Wissen schien darin verpackt, und natürlich äußerst detaillierte Informationen über das Projekt, um das es ging. Vorbildhaft wie eine Musterschülern hatte sie alles vorbereitet, doch mir schwirrte bereits nach ihren ersten paar Sätzen der Kopf. Mich überkam Müdigkeit.

Ich unterbrach sie. Bevor Sie weiterreden, sagte ich, lassen Sie uns mal zusammen überlegen, wer ihre Zuhörer:innen sind, und in welcher Verfassung sie sich wohl befinden werden. Ihr Vortrag ist an einem Freitag. Die Menschen, lauter Führungskräfte, haben vier Tage einer arbeitsreichen Woche hinter sich. Sie wollen die Zuhörer:innen mit einem neuen Thema, mit neuen Gedankengängen, konfrontieren, denen sie, wenn alles gut läuft, folgen können sollen. Glauben Sie, wird das der Fall sein, wenn Sie sie mit Informationen „erschlagen“?

Ich wusste, wovon ich sprach, denn ich war selbst oft Teilnehmer:in dieser Veranstaltungsreihe gewesen. Ich war auch einmal eine junge Vortragende und habe, genau wie die Kollegin, gedacht, mit möglichst viel Wissen brillieren zu müssen. In Wirklichkeit bin ich, wie alle anderen Zuhörer:innen zu allen Zeiten, aber nicht jenen gefolgt, die möglichst viel an Information an den Mann und die Frau bringen wollten, sondern jenen, die es verstanden haben, ihre Botschaft unterhaltsam und in bekömmlichen Häppchen zu präsentieren.

Den Vortragstext kürzen, riet ich ihr, Themen nur anreißen, neugierig machen, das Publikum auswählen lassen. In der Diskussion kann man dann mit Details aufwarten. Wenn aus dem Publikum gezielt gefragt wird, werden Ihre Antworten aufmerksam gehört werden.

Noch etwas riet ich der jungen, aufstrebenden Kollegin. Sie ist eine Technikerin, die wie viele ihrer Zunft, auf Äußerlichkeiten wenig Wert legt. Ich hatte sie kürzlich eine Podiumsdiskussion – fachlich beeindruckend – leiten sehen. Sie war jedoch unter Menschen in Anzügen und Kostümen gesessen und war optisch hervorgestochen, da sie wie Sheldon Cooper aus der Big Bang Theory gekleidet war: Jeans und zwei T-Shirts übereinander. Machen Sie es sich leichter, sagte ich nun zu ihr, ziehen Sie einen Blazer über.

Führungskräfte müssen immer wieder präsentieren  

Als (aufstrebende) Führungskraft kommt man nicht umhin, hin und wieder Vorträge zu halten, Präsentationen zu geben oder an Podiumsdiskussionen teilzunehmen, sei es im Rahmen von Aufsichtsratssitzungen, Mitarbeiterversammlungen, Branchen-Events oder anderswo in der Öffentlichkeit.

Schlechte Präsentationen

Nur allzu oft erlebt man suboptimale, um nicht zu sagen, äußerst unprofessionelle Präsentationen, wie beispielsweise jene eines Forschers, den wir kürzlich zu einem Vortrag in unser Unternehmen eingeladen haben. Er hatte für ein Forschungsprojekt Daten aus unserem Unternehmen verwendet und sollte uns nun die Ergebnisse seiner Studie präsentieren. Alle Mitarbeiter:innen, die wir eingeladen hatten, der Präsentation beizuwohnen, hatten ihre Arbeit liegen lassen und saßen erwartungsvoll im Vortragssaal. Der Herr Professor, unfrisiert, in Jeans, T-Shirt und kariertem Sakko kam um eine Viertelstunde zu spät. So etwas mag an manchen Universitäten noch Usus sein, aber im Geschäftsleben ist es ein No-Go. Umständlich packte er seine Utensilien aus, dann sprang sein Computer nicht an. Wir riefen unseren EDV-Mann, der ihm aus der Patsche half, indem er ihm seinen eigenen Laptop zur Verfügung stellte. Mit 25-minütiger Verspätung begann die Präsentation, vorgetragen mit leiser, monotoner Stimme, gespickt mit soziologischem Fachvokabular, das außer Fachleuten kaum jemand verstehen konnte. Er hatte sich offenbar keine Gedanken über sein Publikum gemacht. Die Präsentationsunterlagen, die er an die Leinwand projizierte, waren übervoll mit Graphiken und Kleingedrucktem und kaum zu entziffern. Das Publikum hatte er durch das lange Herumwursteln ohnehin schon um die Spannung gebracht, und am Ende empfanden die Mitarbeiter:innen ihre Anwesenheit als Zeitverschwendung. Und es war ein Musterbeispiel dafür, wie man es nicht machen sollte.

Wie wird man ein guter Vortragender/eine gute Vortragende?

Ist absehbar, dass man in seiner Position öfters präsentieren muss, ist es auf jeden Fall empfehlenswert, das eine oder andere Seminar zu Rhetorik, Präsentationstechniken, Gestaltung von Präsentationsunterlagen zu besuchen. Auch wenn man ein geborener Redner/eine geborene Rednerin ist, kann man sich in Schulungen hilfreiche Hinweise und Tipps holen und so verhindern, dass man, beispielsweise in der Körpersprache oder beim Outfit Fehler macht, die die beabsichtigte Wirkung des Auftritts beeinträchtigen.

Hat man es überdies viel mit Medien zu tun, empfiehlt es sich, Rat bei Expert:innen zu suchen, und hinsichtlich des Auftretens in diesen spezifischen Zusammenhängen, etwa bei Interviews in Zeitungen, TV und Radio von deren professionellem Wissen zu profitieren. Viele (ehemalige) TV-Mitarbeiter:innen bieten solche Seminare an.

Ist man unsicher und hat man etwa die Angewohnheit, zu viele Füllwörter oder „Krücken“ (sog. Modalpartikel wie etwa „sozusagen“) zu verwenden, ist ebenfalls ein spezifisches Training angebracht. Dasselbe gilt für Leute, denen es schwerfällt, laut, deutlich und akzentuiert zu sprechen. Mit Nuscheln oder Flüstern kann man niemanden überzeugen.

Die Bedeutung der äußeren Erscheinung

Dass man überzeugender wirkt und mehr Autorität ausstrahlt, wenn man formell gekleidet ist, wurde in der einleitenden Anekdote bereits angedeutet. Von Psycholog:innen wird behauptet, dass ein hoher Prozentsatz der Wahrnehmung des Publikums der Erscheinung der Vortragenden gilt und nur ein vergleichsweise geringer dem, was sie sagen. Wahrscheinlich ist es nicht immer so, weil es ja auch Fachpublikum gibt, das tatsächlich auf Inhalte hört, oder Journalisten, die begierig auf Aussagen mit Neuigkeitswert warten. Es ist jedoch unbestritten, dass Menschen, die im Rampenlicht stehen – und das gilt insbesondere für Frauen, vom Publikum bewusst oder unbewusst taxiert und eingeordnet werden (und nicht nur von gelangweilten Studenten, die sich während der Vorlesung über die körperlichen Vorzüge der Lektorin unterhalten…) Der Aufmachung sollte daher bei jedem öffentlichen Auftreten besonderes Augenmerk geschenkt werden. Als Faustregel kann gelten: ein wenig formaler als im gewöhnlichen Berufsalltag, und ohne auffallende Accessoires, die die ganze Aufmerksamkeit des Publikums gefangen nehmen.

Was kann man noch tun, um einen öffentlichen Auftritt erfolgreich vorzubereiten?

Unabdingbar ist natürlich die inhaltliche Vorbereitung. Dabei geht es aber mitnichten nur darum, all das Wissen, über das man in einem Fachgebiet verfügt, auszubreiten, sondern vor allem darum, die Präsentation an die Rahmenbedingungen anzupassen. Diese zu klären bevor man mit der Vorbereitung beginnt, spart nicht nur eine Menge Arbeit. Sie erhöht auch die Chance, dass der Auftritt gut ankommt.

Was gilt es zu bedenken:

Wieviel Zeit ist für meinen Vortrag oder mein Statement vorgesehen? Welches Publikum erwartet mich? Handelt es sich um Fachleute, oder um interessierte Laien? Auf welchem Informationsstand befinden sie sich, wo muss ich sie „abholen“? Was werde ich ins Treffen führen, was besonders hervorheben? Welchen Argumenten aus der Fachwelt und aus dem Publikum werde ich begegnen? Bleibe ich in meinen Argumenten eher konform oder vertrete ich kontroverse Positionen um eine lebhafte Diskussion anzuzetteln? Welche Mit-Diskutant:innen sitzen mit mir am Podium? Welche Positionen vertreten sie für gewöhnlich? Habe ich von ihnen Zustimmung oder Widerstand zu erwarten? Will ich mich mit ihnen oder einer von ihnen verbünden oder gehe ich generell auf Konfrontationskurs?

Um welche Uhrzeit ist mein Vortrag angesetzt? Etwa gleich nach der Mittagspause, wenn es besonders schwierig ist, die Aufmerksamkeit des Publikums zu erlangen? (Für Organisator:innen von Tagungen etc. empfiehlt es sich tatsächlich, für den ersten Vortrag des Nachmittags eine Person auszuwählen, die sich aufs Unterhalten des Publikums versteht.) Was muss ich mir in so einem Fall einfallen lassen, um das Publikum am Wegdösen zu hindern?

Das Setting

Wenn immer es möglich ist, sollte man versuchen, sich vor der Veranstaltung mit dem Setting vertraut machen. An welchem Ort wird der Vortrag, die Diskussionsrunde stattfinden? In einem kleinen Sitzungszimmer oder in einem Festsaal auf großer Bühne? Wird man stehen oder sitzen? Ist man Teil einer Diskussionsrunde, die auf Stühlen, Fauteuils oder auf einem Podium Platz nimmt? Wird der Unterkörper der Teilnehmer:innen sichtbar sein, sodass der enge Rock lieber zu Hause bleibt und eher der Hosenanzug angebracht ist, der auch, wenn man sitzt, nichts Unpassendes preisgibt? Wer wird neben unmittelbar neben einem am Podium sitzen? Wie sind die Zuhörer:innen platziert? Gibt es für den Vortrag ein Pult, auf dem man Unterlagen deponieren kann? Steht ein Mikrophon zur Verfügung? Welche sonstigen elektronischen Mittel sind da? Ist sichergestellt, dass die Präsentation auf dem vorhandenen Equipment gespeichert ist und wiedergegeben werden kann? (Heißer Tipp: Immer etwas früher kommen und es ausprobieren!) Gibt es jemanden, der technisch unterstützt und während des Vortrags die Präsentation bedient? Wird der Vortrag simultan übersetzt und sollte man darauf – durch langsames Sprechen oder kalkulierte Pausen – Rücksicht nehmen?

Rampensau oder Schüchti?

Begnadet sind brillante Rhetoriker und jene Mitmenschen, die grundsätzlich gerne im Rahmenlicht stehen und vor Publikum reden. Für Menschen, die von Natur aus zurückhaltend sind und sich nicht gerne in den Vordergrund stellen, bedeuten öffentliche Auftritte oft viel Stress. Ich selbst gehörte einst zu der zweiten Gruppe. Öffentliche Auftritte waren lange Zeit mit schlaflosen Nächten und viel Herzklopfen verbunden. Mit den Jahren hat die Aufregung abgenommen. Heute kann ich den Adrenalinstoß, der natürlich auch weiter noch jedes öffentliche Auftreten begleitet, als beflügelnden Anschub empfinden.

Was hilft gegen Lampenfieber?

Mir hat gegen übermäßige Aufregung immer die Vorstellung geholfen, im Publikum jede Person einzeln anzusprechen. Einzelgespräche waren für mich nie aufregend – warum sollte es also bei einer Menge von Einzelpersonen anders sein? Überdies versuche ich, die Einstellung, mit der ich zu der Veranstaltung gehe, zu beeinflussen. Habe ich mulmige Gefühle, dann halte ich mir die vielen Male vor Augen, in denen ich mich gut geschlagen habe, und versichere mir selbst, dass es auch diesmal klappen wird. Ich lade die bevorstehende Situation sozusagen mit positiven Erinnerungen und Erwartungen auf.

Ich habe mich auch nie geschämt, schriftliche Unterlagen bei mir zu haben, um im Notfall einen Blick in sie werfen zu können – was ich dann kaum jemals wirklich tun musste. Auf Vorträge in englischer Sprache habe mich vorbereitet, indem ich sie verschriftlicht und sie mir selbst zu Hause laut vorgelesen habe. Auch in diesem Fällen konnte ich aufgrund der Vorbereitung dann im Ernstfall das Manuskript unangetastet lassen und ziemlich locker frei reden. Bei einer professionellen Moderatorin, neben der ich einmal im TV-Studio saß, habe ich miterlebt, wie sie sich warm redete, bevor sie auf Sendung ging. Auch das kann man vor einem Vortrag wohl für sich selber machen – die Stimme quasi ein bisschen ölen. Auch ein kurzer meditativer Rückzug vor dem Auftritt kann helfen, sich zu konzentrieren.

Präsenz ist das Um und Auf

Ganz wichtig ist es, wirklich präsent zu sein, während man vor Publikum steht.

Welche Wirkung und Bedeutung Präsenz hat, habe ich erfahren, als ich einmal an der Universität kurzfristig für einen Kollegen einspringen musste und keine Zeit mehr hatte, die Lehrveranstaltung wie üblich vorzubereiten. Mir fehlten Unterlagen, mir fehlte die vorbereitete Struktur, und ich konnte nur auf das Wissen zurückgreifen, das ich allgemein zum Lehrstoff hatte. Ich musste mich daher in besonderer Weise auf die Situation einlassen. Ich blieb also hoch konzentriert, war voll und ganz bei meinen Student:innen und verband mich geistig mit ihnen und hielt die Kommunikation mit ihnen aufrecht. Und siehe da: Die Student:innen passten auf, schwätzten nicht wie üblich, und beteiligten sich lebhaft an der Lehrveranstaltung, die so tatsächlich zu einer der besten meines Lebens wurde.

Ein anderer Aspekt von „Präsenz“

Ist man Teil einer Diskussionsrunde, so gilt es, wie schon in einem anderen Zusammenhang erwähnt, sich zu beteiligen, auch wenn man gerade nichts übermäßig Interessantes, Originelles und Brillantes zu sagen hat. Man ist eingeladen worden, um etwas zur Veranstaltung beizutragen, also um etwas zu sagen und auf die Wortmeldungen der anderen zu reagieren. Dabei muss man nicht immer genau beim Thema bleiben, das die anderen vorgeben, sondern kann durchaus auch mal selbst etwas ansprechen, und es machen wie Politiker:innen, die es gelernt haben, ihre Botschaft anzubringen, egal, was sie gefragt werden.

Obwohl es zu den guten Umgangsformen gehört, Gesprächspartner:innen ausreden zu lassen, haben oft jene das Nachsehen, die sich nobel verhalten und niemandem ins Wort fallen. Tatsächlich ist es nämlich – und man kann dies im Fernsehen täglich beobachten – auch in moderierten Diskussionsrunden oftmals so, dass man irgendwo in der Wortmeldung von anderen einhaken muss, um selbst zu Wort zu kommen. Hier gilt es, sich in der Kunst zu üben, einerseits höflich zu bleiben, und andererseits doch den Ball sofort aufzunehmen, wenn sich eine Gelegenheit bietet.

Es hilft nur bedingt, für öffentliche Auftritte Floskeln zu lernen oder sich gar Gesten anzutrainieren – nämlich höchstens dann, wenn sie zur Person und ihrer Funktion passen und halbwegs echt wirken. Kaum etwas ist peinlicher als bemühtes und gekünsteltes Rhetorik-Gehabe, dem man den versuchten Schliff durch die Trainerin/den Trainer noch deutlich ansieht.

Sicherheit bei öffentlichen Auftritten gewinnt man durch Übung, aber vor allem auch durch Entwicklung der eigenen Persönlichkeit. Je gefestigter und selbstsicherer jemand innerlich ist, desto authentischer kann er/sie wirken, egal wo und in welchem Kontext. Man sollte daher – und nicht nur im Hinblick auf Karriere und Erfolg – dem inneren Wachsen ebenso viel Aufmerksamkeit zuteilwerden lassen wie der fachlichen Weiterbildung, der Optimierung des eigenen Erscheinungsbildes oder der Gesundheit und körperlichen Fitness.

Und wenn man was schief geht?

Noch eine kleine Anekdote für alle, die große Angst davor haben, dass mal etwas schief gehen kann, dass man etwa den Faden verliert und nicht mehr weiter weiß: Als ich einmal in Kanada kurz nach der Ankunft einen Vortrag halten musste, war ich so benommen, dass mir ein Alltagsbegriff (“quality”), den ich sonst häufig im Mund führte, einfach nicht einfiel. Das Publikum wollte mir helfen, konnte sich aber nicht vorstellen, dass es sich um einen derart einfachen Begriff handelte. Als sich die Sache klärte, entschuldigte ich mich mit Hinweis auf den Jetlag. In dem Moment seien mir alle Herzen zugeflogen, sagte meine Kollegin, die im Publikum saß. Ich hatte mich als “Mensch” geoutet.