Über Kommunikation und den Austausch von Informationen in Unternehmen wurden schon viele Tausende von Seiten geschrieben. Immer geht es darum, dafür zu sorgen, dass relevante Information nicht nur zufällig, sondern systematisch dorthin gelangt, wo sie gebraucht wird.

In der Organisation der Informationsflüsse im Unternehmen gilt es, effiziente Antworten auf die folgenden Fragen zu finden: Wer braucht welche Information, und auf welchem Weg erhält er/sie sie? Welche Formate sind für die notwendigen Informationsflüsse zu etablieren, und wie wird dafür gesorgt, dass sie tatsächlich funktionieren?

Informationsaustausch: zufällig oder systematisch?

Kleine Start-ups mit wenigen Mitarbeiter:innen und flachen Hierarchien brauchen kaum formelle Strukturen für die Kommunikation. Alle sind im E-Mail-Verteiler, alle blättern durch die eingehende Post, alle treffen sich täglich mehrmals im kleinen Büro, in der Büroküche, oder im Raucherkämmerchen, wo die Neuigkeiten besprochen und Ideen ausgetauscht und entwickelt werden.

Erst wenn ein Unternehmen auf eine kritische Größe gewachsen ist und in Abteilungen strukturiert werden muss, kann man sich nicht mehr darauf verlassen, dass Mitarbeiter:innen ohnehin regelmäßig miteinander kommunizieren. Die Informationsweitergabe muss vielmehr geregelt, geeignete Medien und Formate zum Informationsaustausch müssen etabliert werden.  

Es gilt, Team- oder Projektsitzungen einzurichten, sowie ein E-Mail- bzw. Post-Verteilungssystem zu entwickeln, das dafür sorgt, dass spezifische Informationen zu allen jenen Mitarbeiter:innen gelangen, die sie für ihren Wirkungsbereich benötigen. Ein regelmäßiger interner Newsletter kann darüber hinaus der Verbreitung von Informationen für das ganze Unternehmen dienlich sein.

Wie fließt nun die Information in einem Unternehmen wirklich?

Ist ein funktionsfähiges offizielles Kommunikationssystem installiert, kann man sich als Führungskraft glücklich schätzen. Dennoch sollte man sich stets bewusst darüber sein, dass in jedem Unternehmen nebenher noch weitere Kommunikationswege existieren, deren Bedeutung nicht zu unterschätzen ist.Ein kleines Beispiel aus der Praxis möge dies illustrieren:

Einst stand ich einem wissenschaftlichen Institut mit etwa fünfundzwanzig Mitarbeiter:innen vor. Dort gab es die üblichen Sitzungen, in denen die relevanten Informationen ausgetauscht wurden. Daneben etablierten sich rasch zwei weitere Umschlagplätze für Informationen aller Art. 1) die kleine Teeküche mit der Kaffeemaschine, um die sich die Leute zu allen Tageszeiten scharten. 2) die Raucherecke, die sich im Stiegenhaus befand, da das Rauchen in den Büroräumlichkeiten verboten war. Dort stand ein großer, meist überfüllter Aschenbecher, der auch vom Nachbarinstitut genutzt wurde. Es war dort kalt und zugig und stank ganz erbärmlich nach Nikotin, aber Raucher:innen (zu denen auch ich damals gehörte) stört so etwas bekanntlich nicht. Alle zwei, drei Stunden standen wir immer wieder für einige Minuten da draußen und bequatschten alles, was sich rund ums Institut so zutrug. Die Raucherfraktion war, was Information jeglicher Art betraf, stets am letzten Stand.

Bedeutung informeller Kommunikation

Eines Tages hörte ich auf zu rauchen, und damit kam für mich mit einem Mal ein wichtiger Strang des Informationsflusses zum Stillstand. Nun erfuhr ich nur noch, was in offiziellen Sitzungen besprochen wurde. Tratsch und amüsante Anekdoten blieben mir verborgen. Auch die Gelegenheit, neue Themen im kleinen Kreis zunächst einmal zwanglos zu erörtern, um die Akzeptanz auszutesten und zusätzliche Ideen der anderen anzureichern, fiel weg. Ich hatte nicht nur persönlich mit dem Gefühl des Ausgeschlossenseins zu kämpfen. Als Führungskraft musste ich mir tatsächlich überlegen, wie die Informationslücke, die sich auftat, zu füllen war.

Die Bedeutung von „Tratsch“

Kommunikation in der Büroküche, beim Mittagessen in der Betriebsmensa, im Rauchereck oder sonst irgendwo zwischen Tür und Angel, ist, wiewohl häufig als „Tratsch“ abgetan, von großer Bedeutung – und nicht nur für den Informationsfluss, sondern auch für den sozialen Kitt im Unternehmen. Beim Kaffee, den Mitarbeiter:innen unterschiedlicher Abteilungen miteinander einnehmen, werden Details über komplizierte Geschäftsfälle ausgetauscht, die deren Bearbeitung erleichtern. Mich haben hingeworfene Bemerkungen von Mitarbeiter:innen oder zufällige Beobachtungen, die ich an der Kaffeemaschine machte, mehr als einmal auf eine wichtige Spur gebracht. Sie haben als soziales “Frühwarnsystem” gewirkt, da ich rechtzeitig Maßnahmen ergreifen konnte, bevor etwas eskalieren konnte, was mir, wäre ich nur hinter meinen Schreibtisch gesessen, entgangen wäre.

Wie fördert man die informelle Kommunikation?

Als Führungskraft kann man die informelle Kommunikation nicht direkt steuern, doch sehr wohl indirekt für ihr Zustandekommen und ihre Aufrechterhaltung sorgen, zum einen durch bauliche Gegebenheiten oder Maßnahmen der Raumgestaltung, zum anderen durch das Schaffen von Gelegenheiten zur Zusammenkunft. Die Mitarbeiter:innen sollten nicht rauchen müssen, um am informellen Informationsfluss eines Unternehmens teilhaben zu können.

Räumliche und zeitliche Voraussetzungen für informelle Kommunikation

Ein gutes Modell zur Förderung informeller Kommunikation sah ich kürzlich in einem neu errichteten Verlagsbüro, wo jede Person, die den Bürotrakt betritt, an einer großen, offenen Teeküche mit einer Kaffeemaschine und einer großen Sitzecke vorbeikommt. Es halten sich immer Leute dort auf, sagte der Verlagsleiter auf diese Küche deutend, und er fand das gut, weil es die Produktivität fördere.

In unserem Unternehmen sind die räumlichen Gegebenheiten für regelmäßigen informellen Austausch nicht optimal. Das Bürohaus liegt in einem schönen, denkmalgeschützten Altbau, die Abteilungen sind auf mehrere Stockwerke verteilt. Dazwischen fährt man mit dem Lift, wo die Begegnungen zu kurz sind um etwas zu besprechen.

Seit Jahren versucht man, diesem Manko durch verschiedene Formate Rechnung zu tragen. Jedes Jahr findet ein mehrtägiger Betriebsausflug statt, an dem auch die Führungsriege teilnimmt. Dienstjubiläen von Mitarbeiter:innen werden in geselligem Rahmen begangen. Ein jährliches Firmenseminar für die erste und zweite Führungsebene findet in einem Kurort statt und ist zeitlich so organisiert, dass neben den Arbeitseinheiten Möglichkeiten zum persönlichen Austausch bleiben. Und schließlich gibt es eine große öffentliche Weihnachtsfeier, zu der auch eine große Zahl von Kund:innen und Geschäftsfreund:innen eingeladen werden.

Informeller Austausch in Zeiten von Videokonferenzen

Dass etwas Wesentliches fehlt, wenn informeller Austausch nicht möglich ist, hat sich während der Lockdowns gezeigt, als Sitzungen hauptsächlich in Form von Videokonferenzen abgehalten wurden. Bei diesem Format bleibt die Kommunikation auf den offiziellen Teil beschränkt. Über Video wird nur besprochen, was alle hören sollen. Die Gelegenheit, am Rande der Sitzung ein paar vertrauliche Sätze zu wechseln, fällt weg. Dadurch geht eine wichtige Möglichkeit verloren, Angelegenheiten auf kurzem Wege informell zu besprechen – etwa eine Projektideen zu lancieren oder deren Realisierungschancen auszuloten, ein kleines Missverständnis zu klären, die Weichen für das Weiterführen eines Geschäfts zu stellen, und dergleichen mehr.

Das Kaffeehaus als idealer Ort für informelle Geschäftstreffen

Im Geschäftsleben ist das Kaffeehaus ein idealer Ort für unverbindliche Gespräche, etwa zum Zwecke des Kennenlernens von Geschäftspartner:innen, zur Anbahnung von Geschäften, oder zur Entwicklung von Projekt- oder Geschäftsideen. Im gediegenen Ambiente eines Kaffeehauses kann man relativ formlos miteinander reden, während ein Gespräch in einem Büro oder einer Hotellobby schon einen höheren Grad an Verbindlichkeit aufweist und daher naturgemäß „steifer“ ist. Nicht zufällig finden sich in den Cafés der Wiener Innenstadt tagsüber Geschäftsmenschen aus allen Branchen. Auch diese Möglichkeit haben wir während der Lockdowns schmerzlich vermisst.

Welche Kommunikationsformate sich für welche Art von firmeninterner Information eignet, wird das Thema des nächsten Eintrags sein.